Philosophie des Zeichnens
Kunst - besonders das Zeichnen - ist eine Art Transformationsprozess an dessen Beginn die Wahrnehmung steht. Beim Zeichnen schätze ich sehr das Direkte, Ehrliche und Ungeschönte. Es ist, als gäbe es in der Zeichnung keinen Raum für Unausgesprochenes, nichts was im Verborgenen bleibt. Die Zeichnung ist von ihrem Wesen her unmittelbarer als die Malerei. Sie ist direkt, versteckt nichts, aber gibt vieles preis. In einer Zeichnung werden sowohl innere Empfindungen als auch von außen kommende Eindrücke besonders sichtbar.
Ich zeichne nicht ausschließlich das, was ich sehe, sondern, was ich beim Sehen wahrnehme und empfinde. Das Ergebnis ist kein Abbild des Gesehenen, es ist eher die
sichtbare Übersetzung in eine andere Sprache.
Die Eindrücke durchlaufen eine Transformation auf ihrem Weg vom Auge bis zur Hand. Was dazwischen liegt, ist für den Verstand nicht greifbar. Im Gegenteil: ich habe eher den Eindruck, dass der Verstand das größte Hindernis darstellt.
Man sieht der Zeichnung an, ob die Bereitschaft da ist, sich auf das Motiv einzulassen. Zeichnen ist Hingabe. Ist in einer Zeichnung keine Leidenschaft erkennbar, ist diese in meinen Augen leblos. Es ist wie der Versuch, das Wesen des Motivs in einer Momentaufnahme auf dem Papier einzufangen.